Systemischer Lupus erythematodes (Lupus) ist seit Jahrhunderten eine rätselhafte Autoimmunerkrankung ohne klare Ursache oder Heilung. Nun deuten bahnbrechende Forschungsergebnisse der Stanford University darauf hin, dass das allgegenwärtige Epstein-Barr-Virus (EBV) – der Erreger der „Kusskrankheit“ – der einzige, verbindende Auslöser für praktisch jeden Fall sein könnte. Wenn sich diese Entdeckung bestätigt, könnte sie die Behandlung revolutionieren und schließlich die unvorhersehbaren Schübe und Remissionen erklären, die diese schwächende Erkrankung charakterisieren.
Das langjährige Geheimnis von Lupus
Lupus führt dazu, dass das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift, was zu ausgedehnten Entzündungen und möglicherweise lebensbedrohlichen Komplikationen führt. In historischen Aufzeichnungen aus dem Jahr 850 n. Chr. werden Symptome erwähnt, die der Krankheit ähneln. Die offizielle Anerkennung erfolgte jedoch erst im 19. Jahrhundert, als die Krankheit nach einem charakteristischen Ausschlag benannt wurde, der einem Wolfsbiss ähnelte. Das anhaltende Rätsel ergibt sich aus seiner Komplexität: Genetik, Hormone, Infektionen und sogar Nährstoffmängel wurden damit in Verbindung gebracht, eine eindeutige Erklärung konnte jedoch nicht gefunden werden.
EBV: Ein häufiger Virus mit einer versteckten Rolle
EBV infiziert die überwiegende Mehrheit der Erwachsenen weltweit und bleibt oft inaktiv, ohne nennenswerten Schaden anzurichten. Die neue Forschung zeigt jedoch, dass die Infektion bei Lupuspatienten weitaus tiefer liegt: Ungefähr 1 von 400 ihrer B-Zellen beherbergt das Virus, unglaubliche 25-mal mehr als bei gesunden Personen. Dies deutet darauf hin, dass ein virulenterer Stamm oder eine einzigartige Immunantwort es EBV ermöglichen könnte, diese entscheidenden Immunzellen zu übernehmen und neu zu programmieren.
Wie EBV Lupus auslöst: Eine mechanistische Erklärung
Das Stanford-Team entwickelte eine neuartige Sequenzierungstechnik, um EBV-infizierte B-Zellen mit beispielloser Genauigkeit zu identifizieren. Sie fanden heraus, dass das Virus entzündungsfördernde Gene in diesen Zellen aktiviert und sie im Wesentlichen in einen Zustand versetzt, in dem sie Antikörper produzieren, die das körpereigene Gewebe angreifen. Dieser Prozess scheint in Gedächtnis-B-Zellen besonders ausgeprägt zu sein, die schnelle Immunreaktionen ermöglichen, was erklärt, warum Lupus-Symptome unvorhersehbar aufflammen können.
Auswirkungen auf die Behandlung und darüber hinaus
Die Entdeckung liefert eine mechanistische Grundlage dafür, warum nur ein kleiner Teil der EBV-infizierten Personen Lupus entwickeln. Es bestätigt auch die jüngsten Erfolge bei der Immuntherapie, die auf fehlerhafte B-Zellen abzielt und diese ersetzt und in klinischen Studien remissionsähnliche Ergebnisse erzielt.
„Dies ist die einflussreichste Erkenntnis, die mein Labor in meiner gesamten Karriere hervorgebracht hat“, behauptet der Immunologe William Robinson.
Die Ergebnisse könnten sich sogar auf andere mit EBV verbundene Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Long-COVID und chronisches Müdigkeitssyndrom erstrecken und neue Wege für Forschung und Behandlung eröffnen.
Obwohl es sich nicht um eine endgültige Heilung handelt, stellt der Zusammenhang zwischen EBV und Lupus einen großen Durchbruch im Verständnis dieser verheerenden Krankheit dar. Weitere Forschung ist erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen und gezielte Therapien zu entwickeln, aber die Aussicht, das Geheimnis von Lupus endlich zu lüften, ist jetzt näher als je zuvor
